09.12.24 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr

 

Forum für historische Belarus-Forschung

Feuerdörfer in Belarus: NS-Verbrechen und Erinnerungspolitik

 

Die staatliche Gedenkstätte „Chatyn“ gehört zu den meist besuchten und wichtigsten Erinnerungsorten in der Republik Belarus. Ende der 1960er Jahre konzipiert und eröffnet, widmet sich diese Gedenkstätte nicht dem Heldentum der Sowjetischen Armee oder Partisanenbewegung, wie in der Sowjetunion üblich, sondern den zivilen Opfern der NS-Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Sie erinnert an die über 600 mit den Einwohnern verbrannten Dörfer in Belarus.

Diese NS-Verbrechen sind in Deutschland immer noch wenig bekannt. 1975 erschien in Minsk das Buch Ich bin aus einem Feuerdorf… von Ales Adamovich, Janka Bryl und Uladzimir Kalesnikdas mit Zeitzeugenberichten ein vielstimmiges Leidens- und Schreckensbild der Verbrechen unter deutscher Besatzung vor Augen führte. Das Buch spielte eine wichtige Rolle für die sowjetische Erinnerungskultur, es wurde in verschiedene Sprachen übersetzt und prägte die Dokumentarprosa nicht nur der belarusischen Nobelpreisträgerin Sviatlana Alieksievich. Im November 2024 ist erstmals eine Übersetzung des Buches ins Deutsche erschienen. Thomas Weiler hat es für den Aufbau Verlag übersetzt. Das Online-Portal dekoder.org hat aus diesem Anlass ein Special erstellt, das die historische und literarische Bedeutung des Buches beleuchtet.

Wir diskutieren über die belarusische Erinnerungspolitik seit den 1970er Jahren sowie über Entstehung und Rezeption des Feuerdorfbuchs. Wie konnte es unter eingeschränkten Bedingungen überhaupt realisiert werden? Welche Rolle spielte die damalige Kriegsliteratur und Dokumentarprosa für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg? Welche neuen Perspektiven brachten die persönlichen Erinnerungen an das Überleben ein? Wie wurden die NS-Verbrechen in der deutschen und belarusischen Geschichtsschreibung und Justiz aufgearbeitet? Und wie wird der Zweite Weltkrieg heute im autoritären Belarus ideologisch instrumentalisiert?

Einleitung:

Victor Shadurski, Forum für historische Belarus-Forschung, Universität Wrocław

Expert*innen:

Franziska Exeler, Freie Universität Berlin

Alexander FriedmanHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Thomas Weiler, Freie Universität Berlin

Nina Weller, Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung

Moderation:

Adam Kerpel-Fronius, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Die Diskussion findet auf Belarusisch und Deutsch mit Simultanverdolmetschung statt.

 

 Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V.