12.10.2017 - 14.10.2017

Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI), Goethestraße 31, 45128 Essen

Tagung der DoktorandInnen des Kollegs der Hans-Böckler-Stiftung (UDE)

Konferenz: Von der Künstlerkritik zur Kritik an der Kreativität. Subjektivierungen in Forschung und Praxis

 
Wie kritisch kann kreative Arbeit heute sein?
Konferenz zu Künstlerkritik und Kritik an der Kreativität am KWI

Die Kreativwirtschaft ist heute ein etablierter Wirtschaftszweig mit Berufen, die Gestaltungsfreiheit und Selbstentfaltung versprechen – und oft mit prekärer Beschäftigung verbunden sind. Dabei galt Kreativität lange als Schlüsselbegriff der künstlerischen Kritik an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wie kritisch kann kreatives Schaffen heute sein? Dazu veranstalten Promovend*innen des Kollegs „Die Arbeit und ihre Subjekte“ an der Universität Duisburg-Essen in Kooperation mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen vom 12. bis 14. Oktober 2017 die Konferenz „Von der Künstlerkritik zur Kritik an der Kreativität: Subjektivierungen in Forschung und Praxis“. Diskutiert werden Kreativitätskonzepte und kreative Arbeit in vielfältigen Bereichen, wobei neben Forscher*innen auch Künstler*innen und Aktivist*innen zu Wort kommen werden. Eine historische Perspektive auf die Ursprünge der Kreativität im 18. Jahrhundert wird ebenso thematisiert wie konkrete Fallbeispiele aus der Gegenwart. Dabei geht es auch darum, wie Subjekte die Forderung kreativ zu sein als Wunsch verinnerlichen, sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. In einem Workshop-Teil am letzten Konferenztag werden gemeinsam Strategien ausgelotet und entwickelt, die an das ursprünglich kritische Potenzial der Kreativität anknüpfen.

Prof. Dr. Ulf Wuggenig (Leuphana-Universität Lüneburg) hält den öffentlichen Auftaktvortrag zur Konferenz mit dem Titel "Die Rhetorik der Kreativität. Über die internationale Zirkulation von Wörtern und Ideen" am Donnerstag, 12. Oktober 2017 um 18:30 Uhr im Gartensaal des KWI.

Begriff und Wort „Kreativität“ wurden nach dem zweiten Weltkrieg, zunächst im Zuge der Systemkonkurrenz des Kalten Krieges über „creativity“ und das von Joy P. Guilford angestossenene „creativity movement“ aus den USA in den deutschsprachigen Raum importiert. Diese Bewegung war von Anfang an heterogen, Psychometriker wie Guilford, wurden von Vertreter_innen der humanistischen Psychologie (z.B. Rogers, Barron) wie auch der Psychoanalyse (z. B. Winnicot) flankiert. In Europa wurde die Idee, dass Kreativität unbedingt zu fördern sei, in den 1960er und 1970er Jahren auch von Vertreter_innen der Künstlerkritik, wie Raoul Vaneigem oder Joseph Beuys, aufgegriffen. Dies nährte später die Vorstellung von der Herausbildung eines „neuen Geistes des Kapitalismus“ (Boltanski/Chiapello) bzw. eines „ästhetischen Kapitalismus“ (Reckwitz) unter Einfluß des künstlerischen Feldes.

Der Vortrag widmet sich auch dem zweiten Hype der Kreativität, als dessen politischer Ausgangspunkt und Motor die neoliberal gewendete New Labour Party anzusehen ist. Stärker noch wurde Kreativität nun unter instrumentalen Gesichtspunkten betrachtet, als Investition bzw. Bedingung für Innovation und Wirtschaftswachstum. Der Import von Ideen und Konzepten aus dem angelsächsischen in den deutschsprachigen Raum war dabei mit durchaus bemerkenswerter nationaler Diversität zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz verbunden.