Paul Dessau (1894–1979) – Perspektiven eine Künstlerlebens.
Bilder, Texte und Musikbeispiele mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder
Als Paul Dessau 1974 80 Jahre alt wurde, waren die ihm zuteilwerdenden Ehrungen zahlreich. So erhielt er (zum zweiten Mal) den »Nationalpreis 1. Klasse« der DDR, eine der wichtigsten Auszeichnungen, die der SED-Staat zu vergeben hatte. Die damalige Karl-Marx-Universität in Leipzig verlieh ihm ein Ehrendoktorat und einiges mehr. Am anschaulichsten im wörtlichen Sinne aber war wohl der 270 Seiten starke, großformatige und pünktlich zum runden Geburtstag erschienene Fotoband, der Dessau als Komponisten, Dirigenten, Lehrer, aber auch Privatperson zeigte. Die noch immer eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Aufnahmen stammen von der Fotografin Evelyn Richter (1930–2021). Richter hatte sich – nach mehrfachen Konflikten mit den SED-Machthabern – in ihrem fotografischen Oeuvre nicht zuletzt auf sensible Porträts von Künstlerinnen und Künstlern spezialisiert. Die Aufnahmen, die sie von Dessau machte, gehören sicherlich zu ihren besten Arbeiten. Aber wer war dieser Paul Dessau? – Sohn einer Familie mit jüdischer Kantorentradition aus Hamburg, jugendlicher musikalischer und politischer Revoluzzer, Assistent und Freund von Dirigenten-Legende Otto Klemperer in Köln, wenig geschätzter Kollege von Dirigenten-Legende Bruno Walter in Berlin, nach 1933 Emigrant in Frankreich, dann den USA, Freund Bert Brechts und kongenialer Vertoner von dessen Texten, Lieferant von hollywoodtauglicher Filmmusik (u. a. für Alfred Hitchcock), später Schüler Arnold Schönbergs, Vertoner religiöser hebräischer Texte, DDR-Staatskünstler mit feinem Gefühl für die schwankenden kunstpolitischen Konjunkturen der Machthaber … Dessaus Leben ist kaum auf nur einen Nenner zu bringen – und allemal exemplarisch für eine deutsche Künstlerbiographie im 20. Jahrhundert.
Begleitveranstaltung zur Foto-Ausstellung Evelyn Richter im Kunstpalast (»www.kunstpalast.de/richter)
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